NY K1

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Die Reifen des Fliegers berühren den Boden, ein dumpfer Schlag zieht durch meinen Körper, dann das Kreischen der Bremsen. Der Jet rollt über das Rollfeld, Triebwerke grollen nach, und die Sonne bricht langsam über den Hangars hervor. Ich lehne mich zurück, spüre die Müdigkeit des Langstreckenflugs, den Druck in den Ohren, den Nachgeschmack von Reisekaffee und Trockenheit in der Kehle. Gleichzeitig kribbelt eine leise Erwartung: Ein Zwischenstopp, nur wenige Stunden in Newark, genug, um die Stadt zu berühren, bevor ich von JFK weiterfliege. Die Türen öffnen sich, kalte Klimaanlagenluft schlägt mir entgegen. Stimmen, metallisches Scheppern von Koffern, ein dumpfes Echo von Lautsprecheransagen – alles gleichzeitig, alles greifbar. Ich schiebe die Träger meines Rucksacks zurecht, vertraut auf der Schulter, der Stoff dicht und praktisch. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee mischt sich mit dem scharfen Ton von Reinigungsmitteln. Menschen strömen in unterschiedliche Richtungen, jeder in seinem eigenen Rhythmus, jeder mit einem Ziel. Ich reihe mich ein, folge den Schildern, während das Licht der Morgensonne durch die Glasfronten fällt und den Boden in ein weiches Gold taucht. Für einen Moment bleibe ich stehen, atme tief, lasse die Luft auf der Haut prickeln. Alles fühlt sich fremd und aufregend gleichzeitig an, die Müdigkeit des Fluges noch in den Gliedern, die Neugier wie ein leichter Druck im Brustkorb. Vor mir öffnet sich der Bahnsteig, das Gefühl einer Schwelle, die ich überschreite. Ein kurzer Atemzug, dann weiter. Der Zug nach Manhattan wartet. Im Wagen ist es wärmer, enger, Stimmen mischen sich mit dem Rattern der Räder. Mein Körper vibriert mit, während graue Industriegebäude vorbeiziehen, rostige Zäune, Asphalt und Abgas, der durch die Lüftung dringt. Die Häuser rücken dichter, Schienen winden sich durch die Vororte. Neben mir raschelt ein Mann mit seiner Zeitung, trocken, klar. Gegenüber nippt eine Frau an einem Pappbecher, der kräftige Kaffeeduft steigt auf. Einige Arbeiter sitzen mit Helmen und Werkzeugtaschen, ihre Gesichter noch frisch vom Morgen, nur die Augen tragen Spuren von Müdigkeit. Leise Worte, kurze Sätze, dann Stille. Ich spüre die Wärme des Sitzes, die rhythmische Bewegung wiegt mich zwischen Wachheit und einem dumpfen Dösen. Das Blau des Himmels dringt heller durch die Scheiben, der Tag öffnet sich vor mir, als hätte er eine eigene Dramaturgie. Mit jedem Kilometer scheint die Stadt näher, die Luft dichter, das Herz schneller. Draußen weicht das Grau, Brücken werfen Schatten, Licht bricht auf, Straßen und Fahrzeuge drängen ins Bild. Manhattan kündigt sich nicht schüchtern an, es drängt, es lockt. Penn Station. Menschenströme reißen mich mit, Ellenbogen, Taschen, Stimmen. Die Luft ist warm, feucht, metallisch, schwer von Bewegung und Eile. Ich folge den Treppen hinab in die Subway. Ein ratterndes Quietschen, ein tiefes Hupen, Neonlichter flackern über grauen Fliesen. Die Türen öffnen sich. Hitze und Feuchtigkeit schlagen mir entgegen. Ich halte die Stange, spüre die Vibrationen unter meinen Fingern, den Luftzug bei jedem Halt. Stimmen, Lachen, irgendwo der schräge Klang einer Geige, der sich gegen das Dröhnen der Schienen behauptet. Die Rolltreppe trägt mich hinauf, eng, lang, Menschenstrom endlos, Wände nah. Vor mir wippt ein Kopf zu Musik, hinter mir spricht eine Frau leise in ihr Telefon. Meine Hand streift das kalte Metall, kurz, fast flüchtig, und ich spüre den Strom der Stadt durch mich fließen. Oben öffnet sich alles: breite Straßen, gleißende Sonne, Asphalt, Abgase, warme Brezeln von einem Straßenstand. Menschen strömen vorbei, Taxen hupen, ein Fahrrad schneidet durch die Menge. Über den Köpfen spannt sich die Brooklyn Bridge, steinerne Pfeiler, Stahlseile, Sonnenstrahlen, die Linien auf den Boden werfen. Ich blinzle, atme tief ein. Schwer und süß zugleich legt sich der erste Atemzug New Yorks auf meine Lippen. Die Reise hat begonnen, und mit jedem Schritt zieht mich die Stadt weiter in sich hinein.

Created by LevinLiebezeit

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