NY K3

0

Kapitel 3 Die Sonne stand inzwischen höher, als ich tiefer in die Straßenschluchten Manhattans eintauchte. Die Hitze lag wie ein schweres Tuch auf meiner Haut, der Asphalt roch warm, beinahe verbrannt. Taxen drängten hupend vorbei, Fahrradkuriere schlängelten sich wendig durch die Lücken. Menschen schoben sich unaufhörlich an mir vorbei, ihre Gespräche vermischten sich zu einem vielstimmigen Rauschen. Ich blieb kurz stehen, lauschte dem Dröhnen und spürte, wie die Stadt meinen Schritt zugleich verlangsamte und beschleunigte. Ein unscheinbares Schild zwischen grellen Fassaden zog meinen Blick an. Der Durst meldete sich, die Aussicht auf eine kühle Pause ließ mich abbiegen. Vor einem Coffee Shop öffnete ich die Tür. Die Glocke klirrte hell, und mit einem Schlag lag kühle Klimaanlagenluft auf meiner erhitzten Haut. Es roch nach Kaffee und frischem Gebäck, doch der bittere Duft sagte mir wenig. Stattdessen bestellte ich eine eisgekühlte Limonade. Die junge Frau hinter der Theke schenkte mir ein müdes, freundliches Lächeln. Der Becher war kalt in meiner Hand, Tropfen liefen daran herab. Der erste Schluck prickelte süß und zitronig, die Kühle breitete sich wohltuend in mir aus. Der kurze Aufenthalt hatte mir Ruhe gegeben, doch draußen wartete die Stadt, ungeduldig und unaufhaltsam. Ich trat wieder hinaus, blinzelte ins grelle Licht und ließ mich von der Strömung der Menschen mitziehen. Zurück auf der Straße blendete mich die Sonne. Ich setzte die Sonnenbrille auf, spürte den Druck an den Schläfen. Langsam folgte ich den Straßenzügen Richtung Süden, vorbei an dampfenden Kanaldeckeln, die warme, metallische Luft ausstießen. Ein Obdachloser saß am Rand, die Hände umklammerten einen Pappbecher, seine Worte waren kaum verständlich. Ich ließ ein paar Münzen hineinfallen, ein kurzer Blick, ein Nicken – kleine Begegnungen, die sich wie Spuren einbrannten. Je weiter ich ging, desto mehr öffneten sich die Straßen. Die Enge wich einer Weite, die vom Wasser herüberzog, als wollte die Stadt mich langsam zum Ufer führen. Das Licht veränderte sich. Es spiegelte stärker in den Glasfassaden, die Geräusche weiteten sich, klangen offener. Am Ufer vorbei an der Helikopter-Landestelle, wo Rotorblätter dumpf rotierten und der Luftschlag gegen die Brust drückte. Mit jedem Start stieg der Windstoß, wirbelte Haare und Papier auf, brachte salzige Brise vom Wasser. Ich blieb stehen, sah den Maschinen nach, die kleiner wurden, bis sie über dem Hafen verschwanden. Der Weg zog mich weiter, fast von selbst, als hätte der Fluss auch mich in seinen Rhythmus gezogen. Bald erreichte ich die Anlegestelle der Staten-Island-Fähre. Schon von weitem drängte sich eine Menschenmenge vor dem Eingang. Stimmen mischten sich, Kinder riefen, Kameras klickten. Ein Mann balancierte mit einer Hand den Kinderwagen, mit der anderen ein riesiges Stück Pizza, während er seiner Frau zurief, sie solle schneller kommen. Ich grinste und stellte mich dazu, spürte die Körperwärme der Menschen um mich, dicht und lebendig. Ein Ruck ging durch die Menge, alle schoben gleichzeitig nach vorn. Der Blick auf die Fähre wurde frei, die Erwartung stieg. Die Fahrt war ein Geheimtipp: kostenlos, direkt an der Freiheitsstatue vorbei – und genau deshalb so überfüllt. Schulter an Schulter stand ich zwischen Fremden, hörte das Rascheln von Tüten, das Schieben von Taschen. Neben mir sprach eine junge Frau mit weichem französischem Akzent ins Handy. Ihr Haar wehte mir immer wieder ins Gesicht, getragen vom Hafenwind. Sie drehte sich kurz zu mir, lächelte entschuldigend, ihre Augen glänzten dunkel. Nur ein Moment, kaum länger als ein Atemzug, bevor sie sich wieder abwandte.

Created by LevinLiebezeit

Prompt has not been run.