NY K7

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Kapitel 7 Das Glas war halb leer, die Wärme der Halle lag auf meiner Haut. Dampf und Gerüche sammelten sich unter der hohen Decke. Tessa öffnete den Reißverschluss ihrer Jacke, strich mit den Fingern über den Glasrand. Über uns klirrten Gläser, Stimmen schwollen an, Musik vibrierte durch den Tresen. Der Hocker wackelte leicht, wenn jemand vorbeiging. Mein Oberschenkel streifte ihren, warm trotz des Gedränges. Sie lehnte sich zu mir, ihr Haar streifte mein Kinn, roch nach Shampoo und einem Hauch Rauch von draußen. „Sollen wir noch etwas essen?“ Ihre Stimme war weich und nah, fast von den Geräuschen verschluckt, aber direkt an meinem Ohr. „Ja, lass uns schauen“, sagte ich und trank den Rest aus. Wir standen auf, nahmen unsere Gläser und bahnten uns durch die Menge. Die Luft war schwer von Dampf und Gewürzen. An den Ständen dampften Suppen, Öl zischte in Pfannen. Koriander, gegrilltes Fleisch, süßer Honig und der metallische Ton des Lüfters mischten sich. Überall Hände, Tabletts, Stimmen, ein Strom von Körpern. Meine Schulter streifte andere, manchmal blieb jemand an meinem Rucksack hängen, dann Lachen, ein Wortfetzen auf Spanisch. Wir hielten vor einem Tacostand. Der Grill glühte orange, Fleischscheiben brutzelten, daneben dampften Maisfladen. Ein junger Mann schnitt mit schnellen Bewegungen, das Messer glänzte, die Klinge klickte auf dem Brett. Tessa las die Schilder, schob sich eine Strähne hinters Ohr, die Lippen leicht geöffnet. „Zwei von denen“, sagte sie und deutete. Ich nickte und bestellte auf Spanisch. Das Surren des Ventilators mischte sich mit dem Zischen des Fleisches und einem dumpfen Beat aus der Ferne. Wir nahmen zwei kleine Teller, warm und duftend, und drängten uns an eine schmale Theke. Der Holztisch war klebrig, in einer Ecke klebten Zitronenkerne. Tessa nahm einen Bissen, ein Tropfen Soße glitt über ihren Daumen. Sie leckte ihn ab und sah kurz auf. „Gut?“ fragte ich. „Sehr“, sagte sie und lächelte. Ich biss in meinen Taco: saftiges Fleisch, weicher Teig, Limette, knackige Zwiebeln. Eine leichte Schärfe brannte auf meiner Zunge. Die Wärme des Essens vermischte sich mit der Hitze der Halle, mein Hemd klebte am Rücken. Tessa stand dicht neben mir, ihre Schulter an meiner. „Hier ist es wie ein kleiner Kosmos“, murmelte sie. Ich nickte, wischte mir den Mund ab und sah durch die Glastüren hinaus. Der Himmel war fast schwarz, Reklamen flackerten, Autoscheinwerfer zogen Streifen. Drinnen mischten sich Gewürze, Stimmen, Lachen und Musik. Ein Kellner stolperte vorbei, das Tablett schwankte, ein Schwall Biergeruch stieg auf. Wir stellten die Teller ab, tranken aus und Tessa legte ihre Hand kurz auf meine Hüfte, ein unbewusster Druck, bevor sie sich wieder abstützte. Ihre Finger waren kühl vom Glas; ich spürte den Abdruck noch, während ich kaute. „Lass uns noch ein Stück durch die Straßen laufen“, sagte sie leise und sah zum Ausgang. „Gerne“, antwortete ich. „Frische Luft.“ Wir drängten uns durch die Menge, vorbei an blinkenden Kassen und hohen Gläsern. Am Ausgang öffnete sich die Tür, ein Schwall Nachtluft strich uns entgegen. Feuchter Asphalt knirschte unter Sohlen, gemischt mit dem Rufen eines Taxifahrers. Draußen war es kühler, die Straße glänzte vom letzten Nieselregen. Autos glitten vorbei, Scheinwerfer spiegelten sich im Asphalt wie flüssiges Silber. Der Wind trug den Geruch von Wasser herüber, vermischt mit Diesel und süßem Straßenmais. Tessa zog ihre Jacke enger, die Kamera schwang locker in ihrer Hand. Wir blieben kurz stehen, die Halle im Rücken, das Rauschen der Stadt vor uns. Die Neonreklame flackerte, warf grünliches Licht auf ihre Wangen. Sie sah mich an, Pupillen weit, ihre Finger fanden meine, hielten sie einen Herzschlag lang fest, bevor sie sie wieder löste. „Wohin jetzt?“ fragte ich. Sie lächelte. „Komm, einfach ein Stück laufen“, sagte sie und ging los. Ich holte Luft, spürte den salzigen Geschmack auf meinen Lippen. „Frische Luft tut gut.“ Wir setzten uns in Bewegung, weg vom Licht der Halle, hinein in kühlere Straßen. Kopfsteinpflaster unter den Sohlen, ein fernes Rumpeln von Zügen aus der Tiefe. Jede Ecke roch anders: frisch gebackenes Brot aus einer geschlossenen Bäckerei, feuchtes Holz von Baugerüsten, Metall alter Gitter. Eine Katze huschte über den Gehweg, verschwand in einer dunklen Einfahrt. Wir liefen nebeneinander, manchmal streiften sich unsere Arme. Aus einem geöffneten Fenster drang dumpfer Jazz, während unten Dampf in kleinen Wolken aus dem Gully stieg. Ein Taxi hupte. „Hier ist es nachts ganz anders“, murmelte Tessa. „Ja“, sagte ich und blickte zu den hohen Fassaden hinauf, wo gelbes Licht hinter Vorhängen flackerte. Der Asphalt klebte leicht an meinen Sohlen, Regen und altes Mauerwerk lagen in der Luft, irgendwo tropfte eine Dachrinne. Tessa hielt ihre Kamera fester, als wäre sie ein kleiner Anker. Ihre Finger streiften meinen Handrücken, kurz, wie zufällig. Wir bogen um eine Ecke, das Licht wurde schwächer, nur vereinzelte Lampen warfen Kreise auf den Boden. Über uns rauschte ein Zug über eine Brücke, die Vibration war bis in den Boden zu spüren. Ein dünner Wind wehte uns entgegen, kühl auf der verschwitzten Haut. Wir gingen weiter, ohne Eile, hinein in die Nacht. Seite an Seite durch die Schluchten New Yorks.

Created by LevinLiebezeit

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